Luchse gehören im Harz wieder zum Naturbild

10/2017 - Während Deutschland eine Bevölkerungsdichte von rund 230 Menschen pro km² hat und auch in Niedersachsen noch 167 Menschen auf einem km² leben, ist der Heidekreis mit ca. 75 Menschen pro km² verhältnismäßig dünn besiedelt. Das mag ein Grund sein, warum in die Lüneburger Heide auch größere Säugetiere wie Biber, Nutrias oder Marderhunde und auch Raubtiere wie Wölfe, Wildkatzen, Fischotter und Luchse einwandern oder zurückkehren. Auf Einladung vom FORUM berichtete der Experte Ole Anders vom Auswilderungsprojekt des Landes und der Landesjägerschaft für Luchse im Nationalpark Harz.

Stummelschwanz, Backenbart und lange pinselähnliche Haarbüschel sind das gemeinsame Kennzeichen aller Luchsarten. Der wieder angesiedelte Eurasische Luchs hat dabei eine Rumpflänge von bis zu 120 cm, eine Schulterhöhe von 50 bis 70 cm und einem Gewicht zwischen 15 und 36 kg. Luchse sind Einzelgänger mit Streifgebieten von üblicherweise rund 100 bis 250 km². Die Reviere werden verteidigt, so dass unterlegene Luchse in andere Gebiete abwandern. Sie jagen ganz nach Katzenart aus einem Versteck heraus und lauern dort auf ihre Beute. Zu längeren Verfolgungsjagden sind sie nicht fähig. Das Beutespektrum umfasst kleine und mittelgroße Säugetiere und Vögel, unter anderem auch Rotfüchse und Marder. Bevorzugt wird jedoch mittelgroßes Schalenwild wie Rehe und Rotwild. Leider schlagen Luchse gelegentlich auch Haustiere und sind in der Lage, Beutetiere bis zum Dreifachen ihres Eigengewichts zu schlagen.

Im Jahr 2000 entschloss sich die Niedersächsische Landesregierung zusammen mit der Landesjägerschaft, dem Luchs im Harz eine neue Chance zu geben. Aus großen naturnahen Gehegen im Harz wurden die ersten Luchse in die Freiheit entlassen. Ole Anders betreute als Wissenschaftler das Projekt von Anfang an auch mit einem intensiven Monitoring. Bereits 2002 gelang dann der erste Geburtsnachweis. Insgesamt wurden bis 2006 schließlich 24 Luchse in den niedersächsischen Teil des Nationalparks in die Freiheit entlassen. Seitdem erfolge ausschließlich eine natürliche Reproduktion, so Anders.

Um weitergehende Erkenntnisse über Streifgebiete der Luchse und ihre Beutetiere zu gewinnen, startete im März 2008 ein Telemetrie-Projekt. Im Laufe der Jahre wurden insgesamt 18 Tiere mit Halsbandsendern ausgestattet, um ihre Wanderungen und Siedlungsradien zu beobachten. Weil sich Luchse anhand ihrer ganz individuellen Fleckzeichnungen sicher identifizieren lassen, erfolgte dann 2015 überwiegend im Westharz zusätzlich das erste großangelegte Fotomonitoring: An 62 Standorten wurden jeweils zwei Fotofallen aufgestellt, über 6000 Aufnahmen waren anschließend auszuwerten. An 44 Standorten zeigten sie 286 Luchsaufnahmen, die mindestens 28 verschiedenen Luchsen zugeordnet werden konnten. Darunter befanden sich vier führende Kätzinnen. Mit wissenschaftlichen Kriterien hochgerechnet ließ sich daraus ein Gesamtbestand von  80 bis 90 Tiere für den Gesamtharz ermitteln. Dies entsprach einer Luchsdichte, die internationale Referenzwerte erreicht. "Der Luchs ist damit im Harz wieder genauso heimisch wie Rehe oder Füchse", zeigte sich Ole Anders zufrieden mit dem Ergebnis.

Seitdem gerade im Harz von Fichtenmonokulturen wieder auf robuste Mischwälder umgeforstet worden ist, finde man wieder Lebensräume mit genügend Deckung, Rückzugsräumen für die Jungenaufzucht und ausreichend Nahrung. Für Luchse seien das gute Bedingungen. Ole Anders hält die waldreiche Lüneburger Heide ebenfalls als Lebensraum für Luchse für geeignet. Allerdings sei der direkte Weg aus dem Harz in den Norden versperrt durch dicht besiedeltes Gebiet, mindestens eine ICE-Trasse, den Mittellandkanal und die Autobahn A2. Eine direkte Besiedelung hält er damit für unwahrscheinlich.

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