Archaische Technik und Geschichte zum Anfassen

09/2014 - Seit den 90er Jahren betreut Horst Peterson für das FORUM die Cordinger Mühle. Wohl niemand kennt sich mit der Technik und der Geschichte so gut aus wie er, dem man auch nach den vielen Jahren ehrenamtlicher Arbeit ansieht, dass er Freude hat an dem vielleicht schönsten Baudenkmal im Landkreis. Horst Peterson weiß, was er am Wasserrad, den Zahnrädern des Getriebes und dem Mahlwerk tut. Er hat vor einiger Zeit eine Ausbildung zum "freiwilligen Müller" gemacht. Jetzt hat ihn die Walsroder Zeitung bei der Arbeit besucht.

Walsroder Zeitung vom 24.09.2014: Archaische Technik und Geschichte zum Anfassen. Horst Peterson ist „Freiwilliger Müller“ in der Cordinger Wassermühle. Ausbildung bei der Niedersächsischen Mühlenvereinigung.

Mit der Technik und der Geschichte der Cordinger Mühle hatte sich Horst Peterson innerhalb der Arbeitsgemeinschaft „Traditionspflege“ beim Forum Bomlitz schon länger befasst. Vor etwa zehn Jahren qualifizierte er sich durch eine Ausbildung bei der Niedersächsischen Mühlenvereinigung noch zusätzlich zum „Freiwilligen Müller“. An der „Müller-Ausbildung“ Interessierte können Horst Peterson jederzeit ansprechen auf sein Tätigkeitsfeld.

„Die Geschichte der Mühle hat mich schon immer interessiert. Ich habe auch viel im Staatsarchiv geforscht“, erzählt Horst Peterson. Schon 1408 wird dort eine „Mühle zu Benefeld“ erwähnt und 1667 Johan Furhoop als urkundlicher Besitzer genannt. 1810 ließ der damalige Besitzer H.F. Fuhrhop einen neuen Mühlenbau errichten, heißt es weiter.

Die Mühle machte auch in den anschließenden beiden Jahrhunderten viele Veränderungen und Entwicklungen mit und war bis nach dem Zweiten Weltkrieg in Betrieb. Heute betreibt Horst Peterson die Mühle unter anderem am Mühlentag, ehrenamtlich versteht sich. Auch sonst ist er laufend in der Wassermühle, um sie zu warten und technische Mängel wenn möglich selbst zu beheben. Nur bei größeren Problemen beauftragt er den entsprechenden Fachmann. „Mit zwei linken Händen geht es bei so einer Aufgabe nicht. Außerdem ist es auch mal dreckig durch den Staub und die Öl- und Schmierstoffe. Sehr wichtig ist der Arbeitsschutz, denn es ist schon gefährlich, wenn überall etwas in Bewegung ist. Man darf keine offenen Haare und keine offene Jacke haben – feste Kleidung ist Pflicht “, betont der 66-Jährige.

Peterson hat ein Faible für Mühlen und für die Einfachheit der archaischen Technik, denn sie überfordere niemanden: „Wenn ich einen Hebel umlege, weiß ich genau, was passiert und kann alles nachvollziehen“, erzählt der pensionierte Lehrer begeistert, dass das „Geschichte zum Anfassen“ sei. „Denn das Mahlen und Zurichten von Getreide ist schon immer ein Bedürfnis des Menschen gewesen.“

160 Stunden lang hat sich Horst Peterson ein Jahr lang an den Wochenenden zum „Freiwilligen Müller“ ausbilden lassen. Zu den Ausbildungsinhalten gehörten Themen wie „Physikalische und technische Grundlagen des Systems Mühle“, Behandlung und Verarbeitung der Rohstoffe (Getreidekunde), Wetterkunde, Windrecht, Wasserrecht, Unfallverhütung und Arbeitsschutz, Pflege, Wartung und Reparaturen, aber auch das Erarbeiten geschichtlicher Hintergründe und der Bereich „Mühlen und Müller in Gesellschaft und Geschichte“. Am Ende musste der Müller eine theoretische und eine praktische Prüfung bestehen, die von Fachleuten und ausgebildeten Müllermeistern abgenommen wurde. „Erst dann bekommt man den Lehrbrief. Innerhalb der Mühlenvereinigung gibt es aber eine ‚Arbeitsgruppe der Freiwilligen Müller‘, mit der wir uns regelmäßig treffen, denn der Austausch ist ganz wichtig. Es sind auch Leute in der Gruppe, die auf Mühlen gearbeitet und sogar ausgebildet haben“, berichtet der Walsroder.

Auf der Homepage der Mühlenvereinigung unter www.muehlenland-niedersachsen.de heißt es: „Die Zahl der restaurierten und wieder in Betrieb genommenen historischen Mühlen in Niedersachsen und Bremen hat in den vergangenen Jahren erfreulicherweise zugenommen. Gleichzeitig ist der zunehmende Verlust fachkundiger Wind- und Wassermüller zu beklagen, die noch mit ihrer Mühle gearbeitet und so mittel- bis langfristig ihren Erhalt gesichert haben. Die Garde der ‚alten Müller‘ stirbt weg. Hierdurch geht viel Wissen und Erfahrung um den sachgerechten und sicheren Umgang mit alten Mühlen verloren.“ Deshalb möchte auch Horst Peterson an Interessierte appellieren, die Ausbildung zum „Freiwilligen Müller“ zu machen. „Die Theoriestunden hatten wir in der Nähe von Verden, die Praxis in verschiedenen Wind- und Wassermühlen. Das war wirklich interessant, und wir waren sehr viel unterwegs“, erzählt er. Voraussetzungen gebe es nicht: Jeder, der wirklich Interesse an alten Mühlen und die entsprechende Zeit habe, könne sich ausbilden lassen. Vielleicht finden sich auch im Heidekreis Menschen mit entsprechender Berufung?

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