Ungewöhnliche Freundschaft in schwieriger Zeit

11/2015 - Johannes Blaskowitz war einer der Kommandeure des Überfalls auf Polen. Der Militär protestierte anschließend bei Hitler gegen die Greuel der SS und fiel in Ungnade. Nach dem Krieg nahm sich der Generaloberst bei den Nürnberger Prozessen das Leben, obwohl die Anklage günstig für ihn aussah. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof in Bommelsen, denn Blaskowitz war befreundet mit Johannes Köpcke aus Bommelsen, der bei ihm Bursche im Ersten Weltkrieg war. Referent Reimar Grundies berichtete in einem FORUM-Vortrag über Johannes Blaskowitz und die besondere Freundschaft der beiden Männer.

Als Bursche war Johannes Köpcke einer der engsten Vertrauten des damaligen Hauptmanns Johannes Blaskowitz. Er versorgte sein Pferd als dessen wichtigstes Hilfsmittel, kümmerte sich um die Kleidung und die Verpflegung des Offiziers und war automatisch Geheimnisträger. Die beiden Männer verband nicht nur die Liebe zu Pferden, sie müssen auch eine sehr ähnliche Einstellung gehabt haben, die sie verband.

Nach dem Krieg blieb der Kontakt erhalten. Blaskowitz besuchte seinen Freund Köpcke in Bommelsen, machte dort Urlaub mit seiner Familie und wurde Patenonkel für eines der Kinder von Köpcke. Die beiden informierten sich in einem regelmäßigen Briefwechsel über Neuigkeiten. Blaskowitz, der mittlerweile als Generaloberst zu den ranghöchsten Soldaten im Dritten Reich gehörte, und Köpcke, der in Bommelsen den jahrhundertealten Hof der Familie versorgte, trennte keine gesellschaftliche Hürde. Die beiden Männer schätzten und vertrauten einander.

Bereits in Haft in Nürnberg erlaubte man dem General einen "Urlaub auf Ehrenwort", den er in Bommelsen verbrachte. Es war sein letzter Besuch dort: An seinem ersten Verhandlungstag am 05. Februar 1948 sprang er in das Treppenhaus und nahm sich so das Leben. Ganz geklärt wurden diese Umstände nicht.

Johannes Köpcke war bestürzt über die Nachricht und reiste mit der Witwe nach Nürnberg, um den Leichnam zu übernehmen und ihn in Bommelsen beizusetzen. Unter den damaligen Bedingungen war die mehr als 500 km lange Fahrt nicht nur eine organisatorische Herausforderung, sondern auch ein Risiko. Für den Freund Johannes Köpcke war sie selbstverständlich genauso, wie sich um die Hinterbliebenen zu kümmern, die auf dem Thomashof untergebracht wurden.

Reimar Grundies, der selbst pensionierter Bundeswehrsoldat ist, hatte sich viele Jahre mit den beiden Persönlichkeiten beschäftigt. Blaskowitz hatte auf der einen Seite als Soldat ein Kriegsverbrechen gegen Polen kommandiert. Auf der anderen Seite hat es nur sehr wenige gegeben, die den Mut wie er aufbrachten, gegen die Morde und den Terror bei Hitler zu protestieren. Die schwierige Beurteilung des Generals Blaskowitz hatte der Referent in seinem Vortrag mit sachlichen Informationen unterstützt, überließ sie aber den Gästen selbst. Vor allem war Grundies aber tief beeindruckt von der Freundschaft der gesellschaftlich so sehr unterschiedlichen, aber menschlich sehr ähnlichen Männer, die über den Tod des einen hinausging.

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