Gedenkplatte erneuert für polnische Opfer

12/2019 - Fünf Wochen, nachdem die Briten die Region 1945 befreiten, wollte ein polnisches Paar heiraten. Sie luden ihre Gäste ein und wollten am 20. Mai feiern, aber die Feier endete in einer Katastrophe, als man Methylalkohol trank, den man für gewöhnlichen Schnaps hielt. Allein 16 polnische Opfer sind auf der Gedenkplatte auf dem Bomlitzer Friedhof vermerkt. Mehr als 30 Opfer waren es insgesamt, es war wohl die schlimmste Katastrophe durch einen Unfall in der Geschichte der Region. Die alte Gedenkplatte aus Beton ist nun mit Spenden von Dow und dem Rotary Club ersetzt worden, um die Erinnerung und das Andenken zu erhalten.

Walsroder Zeitung vom 04.01.2020: Nach dem Kriegsende kam der Tod. Gedenkstein an Zwangsarbeiter des Zweiten Weltkriegs auf dem Bomlitzer Friedhof nach altem Vorbild neu graviert.

Es war wenige Wochen nach Kriegsende. Hunderte von Zwangsarbeitern, die im Zweiten Weltkrieg in der Munitionsfabrik Eibia unter erbärmlichen Bedingungen, nahezu ohne Rechte, für die Deutsche Wehrmacht malochen mussten, waren endlich frei. Einige von ihnen hatte es schon unmittelbar nach den letzten Kriegstagen in die Heimat gezogen, einige blieben erstmal in den Lagern, um wieder zu Kräften zu kommen, sich zu sammeln und zu überlegen, wie es weiter gehen sollte.

Taufen, Beerdigungen und Hochzeiten hatten sie während ihrer Fronarbeit nicht feiern dürfen, und so holten sie es nach. Am 20. Mai fand im Lager Lohheide eine große Hochzeit ehemaliger polnischer Zwangsarbeiter statt. Und da es nichts gab, zur Feier aber auch Alkohol gehörte, tranken die Gäste etwas, was man niemals trinken sollte: Methylalkohol, der in der Munitionsproduktion übergeblieben war.

Laut des Historikers Thorsten Neubert gibt es verschiedene Versionen, wie es dazu kam – der Alkohol war ihnen entweder gepanscht von Deutschen verkauft worden oder Hochzeitsgäste hatten ihn sich selbst besorgt. Das Ergebnis blieb das gleiche: Die Hochzeitsgäste tranken davon und fanden – oft erst nach Tagen – einen jämmerlichen, grauenhaften und extrem schmerzhaften Tod. Mehr als 30 Tote gab es damals zu beklagen, und bekannt wurde das schreckliche Ereignis als „Polenhochzeit“.

16 der Toten haben ihren letzten Frieden auf dem Bomlitzer Friedhof gefunden. Ein Gedenkstein mit ihren Namen und ihrer Herkunft erinnerte an ihr Leben und den Tag ihres Todes. Doch diese Grabplatte war abgängig. Nach fast 75 Jahren waren die Namen und die Gedenk-Inschrift stark verwittert und nicht mehr zu lesen. Die Betonplatte war zudem mehrfach gesprungen, so dass das Gedenken mit dem Stein verloren zu gehen drohte.

In der Gemeinde Bomlitz ist die Erinnerung und Aufarbeitung der Geschichte der Fremd- und Zwangsarbeit schon sehr lange ein wichtiges Thema. Der scheidende Bomlitzer Bürgermeister Michael Lebid war stets an der Vergangenheit der Gemeinde und den Opfern der Gewaltherrschaft und des Krieges interessiert. Er unterstütze alle Projekte in diesem Zusammenhang.

Seit Jahren war allen Beteiligten klar, dass hinsichtlich der Gedenkplatte sehr bald Handlungsbedarf bestehen würde. Doch eine einfache Lösung gab es dafür nicht, weil Betonplatten nicht nachgraviert werden können und eine nachhaltige Konservierung kaum möglich war. Über Jahre wurden immer wieder Varianten erörtert, die zumeist aus Nachhaltigkeits- und Kostengründen verworfen werden mussten. Michael Lebid war es aber sehr wichtig, dass noch während seiner Amtszeit die Inschrift und damit das Gedenken dauerhaft bewahrt wird. In Zusammenarbeit mit Thorsten Neubert-Preine nahm der Bürgermeister die Angelegenheit nochmals in Angriff und versuchte, Unterstützungsgelder für ein nachhaltiges Konzept einzuwerben.

Er hatte Erfolg und konnte das Unternehmen DOW zu einer Spende von 2000 Euro und den Rotary Club Walsrode zu einer Spende von 1000 Euro bewegen. So konnte noch im Dezember der Walsroder Steinmetzbetrieb Borgwardt mit der Anfertigung eines neuen Gedenksteins mit der alten Inschrift beauftragt werden. Das Mitglied des ForumVereins Heinz Steudle hatte schon vor geraumer Zeit die Namen und den Text originalgetreu dokumentiert, was eine exakte Gravur des neuen Steins nach dem alten Vorbild ermöglichte.

Zu seiner letzten Amtshandlung traf sich Michael Lebid mit Sponsoren, Vereinen und Historiker am vergangenen Montag auf dem Friedhof, um das gelungene Werk zu betrachten und den Gedenkstein einzuweihen. Gerne nahmen der Leiter von Dow Bomlitz, Rudolf Heil, mit seiner geschichtsinteressierten Frau und Walsroder Gästeführerin Ina Tietjen-Heil an der Veranstaltung teil. Auch für den Präsidenten des Rotary Clubs Walsrode, Heiko Jahn, und seine Vorgängerin Mechthild Exner-Herforth war es selbstverständlich, dass sie der Einweihung beiwohnten. Der Vorsitzende des Forum Bomlitz, Torsten Kleiber, und Thorsten Neubert-Preine erläuterten die historischen Hintergründe.

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